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Sternengeschichten Folge 273: Wie bestimmt man die Masse eines Sterns?

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SG_LogoDas ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video.

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Sternengeschichten Folge 273: Wie bestimmt man die Masse eines Sterns

In der letzten Folge der Sternengeschichten habe ich erzählt, wie schwierig es ist, das Alters eines Sterns zu bestimmen. Die Eigenschaften von Sternen zu bestimmen ist überhaupt sehr knifflig. Direkt können wir nur ihre Helligkeit und ihre Position messen. Alles andere müssen wir indirekt herausfinden und das gilt auch für die Masse. Und falls sich jemand erinnert: Kenntnis über die Masse ist unter anderem auch notwendig, wenn man das Alter eines Sterns heraus finden will.

Die Physiker oder die Biologen haben es da einfach. Wenn die die Masse ihrer Forschungsgegenstände bestimmen wollen, müssen sie das Zeug einfach nur auf eine Waage legen. Ok, in der Praxis ist es vielleicht nicht immer so einfach. Aber sie haben es auf jeden Fall leichter als die Astronomen. Die Sterne sind so weit entfernt, dass wir keine Chance haben, sie aus der Nähe zu untersuchen. Wir können nur das Licht registrieren, das aus unvorstellbar weiter Entfernung durchs All kommt und irgendwann einmal auf die Detektoren unserer Teleskope trifft.

Größenvergleich von Planeten und Sternen.  (Bild: Dave Jarvis, CC-BY-SA 3.0)

Größenvergleich von Planeten und Sternen. (Bild: Dave Jarvis, CC-BY-SA 3.0)

Aber das reicht, um die Masse bestimmen zu können. Meistens jedenfalls. Wirklich einfach ist es, wenn wir direkt sehen können, wie sich ein Stern bewegt. Das tun natürlich alle Sterne. Sie alle bewegen sich um das Zentrum der Milchstraße herum und alle bewegen sich auch einfach so durch die Gegend. Diese Bewegung können wir zwar durch sehr genaue Positionsmessungen auch messen, daraus aber nicht direkt die Masse ableiten. Das geht nur, wenn es sich um Doppelsterne handelt.

Doppelsterne sind, wie der Name schon sagt, zwei Sterne die durch ihre Gravitationskraft aneinander gebunden sind. Sie umkreisen einander und genau darum geht es. Wenn Sterne einander umkreisen, dann tun sie das nach den gleichen Regeln die vor knapp 400 Jahren schon Johannes Kepler für die Bewegung der Planeten um unsere Sonne aufgestellt hat. Vor allem befolgen sie auch das dritte Keplersche-Gesetz. Wer sich an die Schulzeit erinnert – das ist das mit den Quadraten und Kuben: “Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie die Kuben der großen Halbachse der Ellipse.” Oder etwas vereinfacht gesagt: Je weiter entfernt die Umlaufbahn eines Planeten von seinem Stern ist, desto länger braucht er für einen Umlauf.

Das heißt folgendes: Wenn man das Verhältnis der Umlaufzeiten zweier Planeten kennt, kann man daraus das Verhältnis ihrer großen Halbachsen berechnen, also die mittleren Abstände der Planeten von der Sonne. Wir haben es nun aber nicht mit einem Planeten und einem Stern zu tun, sondern zwei annähernd gleich schwere Himmelskörper, von denen nicht einer den anderen umkreist sondern beide gemeinsam um ihren Massenschwerpunkt kreisen. Sie tun das mit einer bestimmten Umlaufzeit und die Bahnen auf der sie das tun, haben eine bestimmte Größe. Kennt man diese Werte, kann man daraus mit dem dritten Keplerschen Gesetz einerseits die Summe der beiden Massen bestimmen. Man kann aber auch das Verhältnis der beiden Massen bestimmen und mit dieser Information schließlich die jeweiligen Massen selbst berechnen.

Jetzt muss man nur noch Umlaufzeit und Umlaufbahnen der Sterne herausfinden. Im Idealfall kann man das direkt sehen. Die beiden Sterne Sirius A und Sirius B zB umkreisen einander einmal alle 50 Jahre. 50 Jahre reichen also aus, um einen kompletten Umlauf zu beobachten. Sirius A ist außerdem weit genug von Sirius B entfernt und die Umlaufbahn groß genug, um sie im Teleskop auch sehen zu können. Aber so einfach ist es nicht immer (wobei man darüber streiten kann, ob eine 50jährige Beobachtungskampagne als “einfach” bezeichnet werden kann). Da ist zum Beispiel einmal der Umstand, dass wir ja von der Erde aus nicht immer direkt von “oben” auf die Umlaufbahn eines Doppelsternsystems schauen. Die Ebenen in der sich Sterne bewegen sind zufällig verteilt und wir können unter irgendeinem Winkel auf sie blicken.
Dieser Winkel verzerrt unser Bild der Umlaufbahn und er lässt sich nicht so ohne weiteres bestimmen. Aber es geht (und vielleicht erkläre ich in einer eigenen Folge der Sternengeschichten einmal genau, wie man so was machen kann). Oft sind die Sterne aber auch so nahe beieinander, dass man die Bahn schlicht und einfach nicht sehen kann. Wir sehen nur einen hellen Punkt, der seine Helligkeit verändert, je nachdem wie die beiden Sterne sich von uns aus gesehen gerade bedecken. Aus dieser Helligkeitsänderung lässt sich zwar die Umlaufperiode bestimmen, aber den Abstand zwischen den Sternen zu bestimmen ist ebenfalls knifflig.

Die Sterns Sirius A und Sirius B. Sirius B ist ein weißer Zwerg - er ist als kleiner heller Punkt links unten zu sehen (Bild: NASA, ESA, H. Bond (STScI), and M. Barstow (University of Leicester )

Die Sterns Sirius A und Sirius B. Sirius B ist ein weißer Zwerg – er ist als kleiner heller Punkt links unten zu sehen (Bild: NASA, ESA, H. Bond (STScI), and M. Barstow (University of Leicester )

Man muss also ziemlich viel beobachten. Man muss lange beobachten, man muss den Abstand der Sterne von der Erde bestimmen (was auch wieder schwierig sein kann), man muss die Helligkeitsveränderungen beobachten, und so weiter. Aber am Ende kann man bei Doppelsternen aber ziemlich genau die Masse bestimmen.

Aber nicht jeder Stern ist ein Doppelstern und nicht immer hat man die Zeit, Jahrzehnte lang zu beobachten um die Masse bestimmen. Zum Glück gibt es auch noch andere Methoden, die zwar nicht so genau sind, dafür aber ein wenig einfacher. Zum Beispiel die sogenannte “Masse-Leuchtkraft-Beziehung”. Wenig überraschend wird damit eine Beziehung bezeichnet, die zwischen der Masse und der Leuchtkraft eines Sterns besteht.

Ich habe in der letzten Folge schon erwähnt, dass die Masse eines Sterns seine Lebensdauer massiv beeinflusst. Vor allem deshalb, weil Sterne umso größere Temperaturen haben, je mehr Masse sie besitzen. Dadurch läuft die Kernfusion in ihrem Inneren schneller ab und sie sind schneller am Ende ihres Lebens angelangt. Sie leuchten aber auch heller und genau das ist die Beziehung um die es geht. Die Leuchtkraft eines Sterns hängt im wesentlichen von seiner Größe und – viel stärker – von seiner Temperatur ab. Nimmt man nun die mathematischen Formeln die die Temperatur im Inneren eines Sterns beschreibt und seinen Radius; wenn man mathematische Formeln nimmt, mit denen sich der Zustand eines Gases beschreiben lässt, der Druck und so weiter – dann kann man das alles mathematisch zusammenbasteln und erhält als Resultat eine rechte simple Formel: L ist ungefähr gleich M hoch 3,5. L ist dabei natürlich die Leuchtkraft und M die Masse.

Nehmen wir die Sonne als Beispiel. Ein Stern der doppelt so viel Masse hat wie die Sonne hat eine Leuchtkraft, die 2 hoch 3,5 also circa 11,3 mal so groß ist wie die der Sonne. Oders andersherum: Beobachten wir einen Stern, der 11,3 mal so hell leuchtet wie die Sonne, folgt daraus das er die doppelte Masse haben muss.

Klingt simpel, ist aber natürlich auch wieder kniffliger als man denkt. Um die Leuchtkraft korrekt messen zu können, müssen wir zuerst einmal die Entfernung des Sterns kennen, was – wie schon gesagt und in den Folgen 19 und 20 der Sternengeschichten erklärt – nicht immer einfach ist. Wir müssen die Helligkeit ziemlich genau messen. Und wir müssen uns bewusst sein, dass die Formel nur eine Abschätzung ist und keine exakte Berechnung. Je nachdem welche theoretische Grundlage man für die mathematische Ableitung benutzt, kann statt der 3,5 auch 3,3 oder 3 herauskommen.

Die Masse-Leuchtkraft-Beziehung kann man auch nicht wahllos bei irgendwelchen Sternen anwenden. Sterne mit sehr geringer Masse funktionieren anders als Sterne mit großer Masse. Massearme Sterne mischen ihr Material ziemlich stark durch; Material von der Oberfläche des Sterns sinkt bis in den Kern des Sterns ab und steigt wieder auf. Bei massereichen Sternen ist das anders, da wird Material nur in den oberen Schichten durchgemischt. Das verändert auch die Beziehung zwischen Masse und Leuchtkraft. Je nach Masse des Sterns ist die Masse-Leuchtkraft-Beziehung unterschiedlich, was ein wenig blöd ist, wenn man aus der Leuchtkraft ja erst die Masse bestimmen will und nicht weiß, welche der Formeln man nun verwenden soll.

Aber zumindest abschätzen kann man die Masse damit und das ist besser als nichts. Und dafür, dass die Sterne so enorm weit entfernt sind, ist das, was die Astronomen über sie heraus finden können, eigentlich ziemlich beeindruckend!

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